Daimler: Auf Erklärungssuche
Die Diesel-Thematik und die Diskussionen um Zukunftstrends wie die Elektromobilität oder das autonome Fahren lassen die deutschen Automobilkonzerne in keinem guten Licht erscheinen. Trotzdem haben sie zuletzt sehr gute Geschäftszahlen präsentiert. Dies dürfte Anlegern, die weiterhin an Daimler (WKN: 710000 / ISIN: DE0007100000) & Co glauben, die Hoffnung geben, dass sie auch die aktuellen Herausforderungen meistern werden.
Die deutsche Automobilindustrie steckt in der Krise. Diesen Eindruck vermittelt zumindest die Nachrichtenlage rund um den so liebgewonnenen Dieselmotor. Das Spitzentreffen von Politik und Automobilindustrie in Berlin vom 2. August, der so genannte Diesel-Gipfel, verlief für die Autoindustrie auf den ersten Blick positiv. Die vorerst verhinderten Fahrverbote in den Innenstädten und die vereinbarten Software-Updates von Millionen von Dieselmotoren haben den Herstellern etwas Luft verschafft. Mehr aber auch nicht. Im Bereich der Zukunftstechnologien Elektroantrieb und selbstfahrende Autos scheinen Daimler, BMW (WKN: 519000 / ISIN: DE0005190003) und Volkswagen (WKN: 766403 / ISIN: DE0007664039) zudem deutlich hinterher zu fahren. Es ist nicht sicher, ob sie den Rückstand, zum Beispiel zum kalifornischen Elektrowagenbauer Tesla, in den kommenden Jahren wettmachen können.
Damit kann auch die Kursschwäche der Aktien von Daimler & Co erklärt werden. Die großen Autowerte gehören im bisherigen Jahresverlauf zu den schlechtesten Performern im Leitindex DAX. Am härtesten hat die Autokrise die Daimler-Aktie getroffen. Dabei mutet die Kursschwäche etwas merkwürdig an, wenn man nur die jüngsten Geschäftszahlen bei den Schwaben betrachtet. Daimler profitierte zuletzt vor allem von den starken Absätzen bei der Automarke Mercedes-Benz.
Laut Unternehmensangaben vom 26. Juli setzte Daimler in den Monaten April bis Juni weltweit 822.500 Pkw und Nutzfahrzeuge ab – acht Prozent mehr als im Vorjahr und außerdem ein neuer Bestwert beim Konzernabsatz. Bei Mercedes-Benz Cars lag das Plus sogar bei neun Prozent auf 595.200 Fahrzeuge. Der Start in das dritte Quartal verlief ebenfalls vielversprechend. Die konzernweiten Umsatzerlöse kletterten im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozent auf 41,2 Mrd. Euro, während das EBIT sogar um 15 Prozent auf 3,7 Mrd. Euro verbessert werden konnte.
An der Börse wird bekanntlich die Zukunft gehandelt. Vergangene Verkaufserfolge, Umsatz- und Gewinnsteigerungen scheinen auch im Fall von Daimler nicht mehr allzu viel zu zählen. Daher konnten auch die jüngsten Erfolgsmeldungen in Sachen Absatz, Umsatz oder Gewinn die Daimler-Aktie nicht stützen. Allerdings hat sich das Management auch für den Rest des Jahres 2017 optimistisch gezeigt und dank einer starken Konjunktur auch für den weltweiten Automarkt in 2017 eine ansteigende Nachfrage in Aussicht gestellt. Aus diesem Grund rechnet das Management konzernweit mit deutlichen Steigerungen bei Umsatz, Absatz und dem Ergebnis. Anleger scheinen jedoch noch weiter in die Zukunft zu blicken.
Dabei sehen sie wohl eher Belastungen auf die deutschen Autokonzerne wie Daimler zukommen. Nach einem jahrelangen Boom waren in den USA zuletzt rückläufige Absatzzahlen zu beobachten. Das Wachstum in China dürfte irgendwann an seine Grenzen stoßen. Und dann bleiben natürlich noch die allgemeinen Umwälzungen am Automarkt. Diese scheinen derzeit den deutschen Automobilherstellern nicht gerade in die Karten zu spielen.
Stand: 24.08.2017/ Ein Gastkommentar von Nicolai Tietze, Direktor db x-markets
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Bildquelle: Pressefoto Daimler